Leichtbauroboter arbeiten oft ohne trennende Schutzeinrichtungen direkt mit Menschen zusammen und müssen bei Not- oder Sicherheitshalt rasch stoppen. Damit sie sich bei Stromausfall oder einem plötzlichen Abschalten der Stromversorgung nicht unkontrolliert weiterbewegen, bringen sie Sicherheitsbremsen schnell zum Stillstand. Welche Kriterien Sie bei der Auswahl solcher Bremsen beachtens sollten, wissen die Experten von Mayr Antriebstechnik.
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Leichtbauroboter, speziell kollaborative Roboter (Cobots), sind darauf ausgelegt, effizient und sicher Seite an Seite mit Menschen zu arbeiten und so die Flexibilität in der Produktion zu erhöhen. Damit diese Zusammenarbeit sicher verläuft, müssen bestimmte Sicherheitsstandards und Normen erfüllt werden. Je nach Art der Mensch-Roboter-Interaktion sind Cobots mit Sensoren ausgestattet – wie Kraft- und Drehmomentsensoren – oder mit Bildverarbeitungssystemen, die menschliche Bewegungen erfassen und darauf reagieren. Diese Technologien ermöglichen es Cobots, ihre Umgebung wahrzunehmen und die Bewegungen ihrer menschlichen Kollegen zu berücksichtigen, um eine reibungslose und sichere Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Ein zentraler Bestandteil des Sicherheitskonzepts für Leichtbauroboter sind Komponenten, die im Falle eines Stromausfalls oder Notstopps den Roboter zuverlässig zum Stillstand bringen. Sicherheitsbremsen, die nach dem Fail-Safe-Prinzip arbeiten, sind hier bewährte Lösungen und schützen bereits seit über 20 Jahren Roboteranwendungen.
Diese ruhestrombetätigten Federdruckbremsen funktionieren nach dem Fail-Safe-Prinzip: Sie bleiben bei Energieverlust geschlossen und halten so Lasten sicher in Position. Bei Not-Stopp, Stromausfall oder einer durch Kabelbruch bedingten Energieunterbrechung verhindern sie das unerwünschte Absinken der Last und unzulässige Verzögerungen im Bremsvorgang. Diese Bremsen erzeugen auch im stromlosen Zustand das nötige Bremsmoment und gewährleisten dadurch eine durchgehende, zuverlässige Sicherheit – ideal für den Einsatz in sicherheitskritischen Anwendungen.
Anwender sollten sicherstellen, dass die Roboterbremsen ihres Lieferanten den Anforderungen als sicherheitsrelevante Komponente gerecht werden. Nur so erfüllen sie die Vorgaben der Kategorie 1 gemäß EN ISO 13849-1 und gelten als bewährte Bauteile. In diesen Sicherheitsbremsen pressen bei Stromausfall mehrere Druckfedern im Spulenträger gegen eine Ankerscheibe. Diese Federn sind mit einem engeren Windungsabstand als der Drahtdurchmesser im dynamischen Dauerfestigkeitsbereich ausgelegt und garantieren eine sichere Haltekraft. Der Rotor oder eine Mitnehmerscheibe wird dabei zwischen der Ankerscheibe und dem Reibflansch gebremst. Wird Spannung an die Bremsenspule angelegt, entsteht ein Magnetfeld, das die Ankerscheibe gegen die Federn zieht – die Bremse löst sich und die Welle dreht frei.
Moderne Sicherheitsbremsen, entwickelt speziell für Leichtbauroboter, bieten eine kompakte Bauweise, geringes Gewicht und geringe Massenträgheitsmomente. Dank ihrer hohen Leistungsdichte und herausragenden Leerlaufeigenschaften sind sie ideal für unterschiedliche Roboterbauformen. Diese Bremsen zeichnen sich zudem durch ihre einfache Integration aus: Sie kommen einbaufertig und lassen sich flexibel in die Antriebseinheiten der Robotergelenke integrieren.
Ein wesentlicher Aspekt bei der Auswahl einer Sicherheitsbremse sind die kurzen Schaltzeiten. Hersteller, die besonderen Wert auf minimalste Schaltzeiten legen, ermöglichen so einen kurzen Bremsweg im Falle eines Stromausfalls oder Not-Stopps. In diesen Situationen muss die Bremse das erforderliche Bremsmoment durch spezielle Reibbeläge und Gegenreibflächen gewährleisten, um kontrolliert zum Stillstand zu kommen. Bewährte Sicherheitsbremsen verwenden dafür speziell entwickelte organische Reibbeläge, die auf ihre Effizienz und Langlebigkeit hin umfassend getestet wurden, um in kritischen Situationen verlässlich die nötige Reibarbeit zu leisten.
Diese speziellen temperaturbeständigen Reibbeläge eignen sich für den Einsatz bei Umgebungstemperaturen von bis zu 120 °C. Dabei bieten sie einen konstant hohen Reibungskoeffizienten. Sie gewährleisten ein zuverlässiges statisches und dynamisches Bremsmoment mit minimalen Toleranzabweichungen. Zudem sind Bremsen mit diesen Belägen ideal für dynamische Bremsvorgänge, da sie eine hohe Reibarbeit erlauben. Während bei Servoantrieben in der Regel ein Last-Motor-Verhältnis von 3:1 für optimale Regelbarkeit bevorzugt wird, ermöglichen die anwendungsoptimierten Bremsen für Leichtbauroboter dank ihrer hohen Reibleistung sogar Verhältnisse von 30:1 und höher.
Moderne Roboterbremsen überzeugen durch ihre kompakte Bauweise und ihr geringes Gewicht, was sie ideal für Anwendungen in Leichtbaurobotern macht. Sie zeichnen sich durch eine schnelle magnetische Betätigung und eine robuste, zugleich einfache Konstruktion aus, die eine sichere und problemlose Montage ermöglicht. Wird der Betriebsluftspalt ab Werk fest eingestellt, bleibt die Funktion der Bremse exakt und zuverlässig, unabhängig von Einbausituation, Lagerspiel oder thermischen Ausdehnungen.
Sicherheitsbremsen für Leichtbauroboter sind zentrale Komponenten zur Gewährleistung der Betriebssicherheit. Daher sollten sie vor der Auslieferung beim Hersteller einer umfassenden Ausgangsprüfung unterzogen werden. Hierbei werden wesentliche technische Parameter wie Federkraft, Luftspalt sowie Anzugs- und Abfallspannung gemessen, dokumentiert und jeder Bremse eindeutig zugeordnet.
Eine Hochspannungsprüfung stellt sicher, dass jede Bremse den geforderten Standards entspricht und eine präzise Rückverfolgbarkeit des Auslieferzustands möglich ist. Bei besonders anspruchsvollen Anwendungen sind zusätzliche Prüfungen wie Messungen des Bremsmoments und der Schaltzeiten empfehlenswert.
Es gibt nicht die universelle Sicherheitsbremse für alle Typen von Leichtbaurobotern wie Knickarmroboter, Deltaroboter und Scara-Roboter, mobile Roboter oder fahrerlose Transportsysteme (AGVs). Daher ist es ein Vorteil, wenn Hersteller flexible Baukastensysteme für Sicherheitsbremsen anbieten, die sich an unterschiedliche Einbausituationen anpassen lassen.
Servobremsen mit Nabe und verzahntem Rotor eignen sich für den Einsatz in Servomotoren. Sie werden bevorzugt im A-Lagerschild des Motors montiert, da sich hier das Festlager befindet und thermische Ausdehnungen die Bremse kaum beeinflussen. Diese Bremsen lassen sich jedoch auch problemlos auf der B-Lagerseite verbauen, vorausgesetzt, der Arbeitsluftspalt bleibt konstant und wird durch äußere Einflüsse nicht beeinträchtigt.
Moderne Servobremsen bieten Bremsmomente von bis zu 100 Nm und zeichnen sich durch ihre hohe Verschleißfestigkeit aus. Sie sind so konzipiert, dass sie eine Vielzahl dynamischer Bremsvorgänge – wie bei Notstopps – problemlos bewältigen. Diese Servobremsen bestehen aus einem Metallrotor mit Reibbelägen und einer verzahnten Nabe, wobei das Bremsmoment über die Innenverzahnung des Rotors und die Passfederverbindung von der Nabe auf die Welle übertragen wird. Dank ihrer modularen Bauweise sind diese Bremsen anpassbar und in Robotergelenke integrierbar.
Bei Leichtbaurobotern wird häufig eine Hohlwellenkonstruktion eingesetzt, um die Leitungen sicher und störungsfrei im Innenraum zu führen. So werden außenliegende Kabel vermieden. Das erhöht die Sicherheit und optimiert die Bewegungsfreiheit der Roboter. Für diese Anforderungen wurden speziell schlanke, leichte Bremsenvarianten entwickelt, die ideal in Hohlwellenkonstruktionen passen und sich nahtlos integrieren lassen. Diese kompakten Sicherheitsbremsen sind für den Leichtbau optimiert und bieten zuverlässigen Halt, ohne das Gewicht oder die Flexibilität des Roboters zu beeinträchtigen.
Für die Sicherheit von Mensch und Maschine sind zuverlässige Monitoring-Lösungen wichtig. Bislang waren Servobremsen aufgrund der kleinen Luftspalte oder aber ihrer Einbausituation nur sehr schwer oder gar nicht überwachbar. Renommierte Bremsenhersteller bieten jetzt aber auch intelligente Module an, die Servobremsen sensorlos überwachen und gleichzeitig mit Energie versorgen können.
Das Monitoring der Sicherheitsbremsen übernimmt das nachrüstbare Condition Monitoring Modul Roba-brake-checker. Es wird in die Spannungsversorgung der Bremse geklemmt, wo es durch eine erweiterte Analyse von Strom und Spannung die Bewegung der Ankerscheibe erkennt.
Renommierte Bremsenhersteller liefern alle notwendigen Daten für Auslegung und Auswahl von Leichtbauroboter-Bremsen wie die Definition der Bremsmomente, Schaltzeiten, Massenträgheiten, Reibarbeiten bei Not-Stopp, die Anzahl zulässiger Not-Stopps bei verschiedenen Anwendungsbedingungen oder Informationen zur geometrischen Anbindung. Sie unterstützen zudem bei der Sicherheitsbetrachtung nach der Norm EN ISO 13849.
Anwender sind also gut beraten, auf Bremsenspezialisten mit langjähriger Erfahrung bei Entwicklung, Fertigung und Applikation von Sicherheitsbremsen zu setzen. Mayr bietet praktischerweise folgende
Simone Dauer ist Leiterin Marketing und Kommunikation bei der Chr. Mayr GmbH + Co. KG, Mauerstetten.