Während einige noch im LTE oder 4G Netz stecken und das 5G Mobilfunknetz seine Einführung bereits mit Bravour meistert, wirft das 6G Netz seine Schatten auf etwa 2030 schon voraus. Wir präsentieren Neuentwicklungen für den kommenden Mobilfunkstandard wie das Leuchtturmprojekt 6G-ANNA oder die welteit erste bidirektionale Richtfunkstrecke mit Internetanbindung der Uni Stuttgart. Auch das Karlsruher Institut für Technologie KIT hat das 6G Netz im Visier und präsentiert ein Konzept für höchste Datenübertragungsraten in der Terahertz Kommunikation.
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17.08.2022 | Das dreijährige Leuchtturmprojekt 6G ANNA wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ins Leben gerufen. Unter der Leitung von Nokia soll ein Konsortium aus 29 Unternehmen und Forschungsinstituten die Entwicklung, Standardisierung und Implementierung der sechsten Mobilfunkgeneration (6G) vorantreiben. Rohde & Schwarz trägt mit seiner bereits umfassenden Forschung zu 6G und verwandten Technologien zu diesem Projekt bei.
Das am 01.07.2022 gestartete Leuchtturmprojekt 6G Access, Network of Networks and Automation, kurz 6G ANNA ist Teil einer breiteren Initiative zur Entwicklung einer 6G Plattform. Das vom BMBF mit 38,4 Mio. Euro finanzierte Projekt läuft über einen Zeitraum von 3 Jahren. Neben Rohde & Schwarz beteiligen sich Unternehmen wie Bosch, Airbus, Ericsson, Siemens und Vodafone, innovative Start-ups, Forschungsinstitute und renommierte Universitäten.
Rohde & Schwarz ist schon lange eng in die Forschung zu 5G Nachfolgetechnologien und 6G eingebunden. Das Unternehmen unterstützt aktiv die laufende Grundlagenforschung in 6G Organisationen, Universitäten und Forschungsinstituten in Europa, den USA und Japan. Die bereits erheblich geleistete Arbeit dürfte bei der Entwicklung von 6G eine wichtige Rolle spielen. Hierzu zählen beispielsweise die (Sub-) THz Kommunikation, Joint Communication and Sensing (JCAS), maschinelles Lernen (ML) und Künstliche Intelligenz (KI) oder rekonfigurierbare intelligente Oberflächen (RIS). Man erwartet die erste globale Spezifikation von 6G innerhalb der nächsten 6 bis 8 Jahre erwartet. Die kommerzielle Einführung der Technologie wird um 2030 passieren.
11.07. 2022 | Die WissenschaftlerInnen der Universität Stuttgart haben kürzlich im Rahmen des internationalen Projekts Thor die weltweit erste bidirektionale Terahertz Richtfunkstrecke mit Internetanbindung vorgestellt. Sie soll als „Backhaul“ Link für zukünftige Mobilfunk Anwendungen dienen. Teil eines Konsortiums mit zwölf Partnern aus fünf Ländern ist das Institut für robuste Leistungshalbleitersysteme (ILH). Die TU Braunschweig und die Waseda University, Japan leiten das Projekt.
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Nicht immer und überall lassen sich hochbitratige Daten über Glasfaserkabel übertragen. An abgelegenen Orten, in dicht bebauten Städten sowie natürlichen Hindernissen, im Katastrophenfall oder auf Massenveranstaltungen gelingt es oftmals nicht, jede Basisstation des Mobilfunknetzes per Kabel anzubinden und so genug Bandbreite zur Verfügung zu stellen. Eine Alternative bieten hier Terahertz Richtfunkstrecken, welche Entfernungen von bis zu 1 km überbrücken können. Damit lassen sich wichtige Backhaul Verbindungen zwischen Mobilfunk Zellen und Knotenpunkten der Mobilfunk Netze realisieren, ohne dafür Maßnahmen im Straßenbau vornehmen zu müssen.
Schon heute produziert der Mobilfunkstandard 5G hohe Datenraten, die perspektivisch im künftigen 6G-Netz noch weiter steigen werden. Bislang sprachen die 5G Datenraten für eine Glasfaser Anbindung der Stationen an das Datennetz. Im Rahmen des Thor Projekts wurde nun eine bidirektionale Terahertz Richtfunkstrecke mit Netzanbindung für diese hohen Datenmengen entwickelt. Der dabei verwendete Frequenzbereich oberhalb von 300 Gigahertz (GHz) bietet ausreichend Spektrum für große Datenraten.
Die Thor Backhaul Strecke bietet dabei erstmals weltweit eine echte bidirektionale Datenanbindung. Sie verknüpft das Informatikzentrum und das Okerhochhaus der TU Braunschweig über eine Entfernung von 160 m. Mit ihr lassen sich Daten von 2 x 20 Gbit/s netto bei einer Bandbreite von 2 x 8,64 GHz übertragen. Die entwickelte Terahertz Richtfunkstrecke ist über die Bandbreite so skalierbar, dass sogar noch höhere Datenraten machbar sind.
„Wir haben hier eine anwendungsnahe Komplettlösung realisiert, die bereits in naher Zukunft als Backhaul Verbindung im Datennetz eingesetzt werden kann", sagt Professor Thomas Kürner von der TU Braunschweig, Leiter des europäischen Teils des Projekts. Ihre Funktionsfähigkeit entspricht als erste Backhaul Verbindungen dieser Art dem IEEE 802.15.3 Standard, der schon im Vorfeld des Projektstarts unter wesentlicher Beteiligung der TU Braunschweig und einigen japanischen Partnern entwickelt wurde.
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Die Forschenden der Uni Stuttgart haben die neuartigen, breitbandigen Sende- und Empfangsschaltungen auf Basis leistungsfähiger Transistor Technologien des Fraunhofer Instituts für Angewandte Festkörperphysik (IAF) entwickelt. Zusammen mit den französischen Partnern IEMN und Universität Lille haben sie das Terahertz-Radio bei 300 GHz realisiert, welches die weltweit erste Netzanbindung einer Terzhertz Funkstrecke durch die parallele Verarbeitung von bis zu vier Gigabit Modems ermöglicht.
Das Projekt Thor wurde von der EU durch das Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 und vom National Institute of Information and Communications Technology in Japan mit 3 Mio. EUR gefördert. Die Projektlaufzeit betruf 4 Jahre. Die Forschungsarbeiten werden nun an der Uni Stuttgart im Rahmen des vom BMBF geförderten Projektes Open 6G Hub fortgeführt. Das ILH forscht zusammen mit dem Institut für Nachrichtenübertragung (INÜ) an den technologischen Voraussetzungen für das 6G-Netz.
06.10.2020 | Während viele noch im LTE oder 4G Netz stecken, die Mobilfunkbetreiber wie O2, Huawei oder die Telekom inzwischen das 5G Mobilfunknetz etablieren, hat das Karlsruher Institut für Technologie KIT bereits das 6G Netz im Visier. Ein neues Konzept ermöglicht die bislang höchsten Datenübertragungsraten in der Terahertz Kommunikation bei niedrigen Kosten.
Das Mobilfunknetz der Zukunft der sechsten Generation 6G wird aus vielen extrem kleinen Funkzellen bestehen. Zum drahtlosen Verbinden bieten sich Frequenzen im Terahertz-Bereich THz an.
Forscher am KIT haben ein neuartiges Konzept für einfache und kostengünstige Terahertz Empfänger für den Nachfolger des 5G Mobilfunknetzes entwickelt. Sie bestehen aus nur einer Diode, die sie mit einem speziellen Verfahren zur Signalverarbeitung kombinieren. Im Experiment lässt sich damit eine Datenübertragungsrate von 115 Gbit/s auf einer Trägerfrequenz von 0,3 THz über eine Entfernung von 110 m erreichen, berichtet das Team in der Zeitschrift Nature Photonics (DOI: 10.1038/s41566-020-0675-0).
Der 6G Mobilfunk verspricht nochmal deutlich höhere Datenübertragungsraten, kürzere Verzögerungszeiten und eine größere Dichte an Endgeräten. Zudem soll die sechste Generation Künstliche Intelligenz KI integrieren. Damit lassen sich z. B. Geräte im Internet of Things IoT oder selbstfahrende Fahrzeuge koordinieren.
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„Um möglichst viele Nutzer gleichzeitig zu bedienen und dabei große Datenmengen möglichst schnell zu übertragen, müssen die drahtlosen Netze der Zukunft aus zahlreichen kleinen Funkzellen bestehen“, erklärt Professor Christian Koos, der zusammen mit seinem Kollegen Professor Sebastian Randel am KIT an Technologien für 6G forscht.
Kurze Wege in diesen Funkzellen verbinden große Datenraten mit minimalem Energieaufwand und geringer elektromagnetischer Immission. Die dafür benötigten lediglich kleinen Basisstationen für den Nachfolger des 5G lassen sich beispielsweise an Straßenlaternen anbringen.
Die Anbindung der einzelnen Zellen erfordert leistungsfähige Funkstrecken für 6G-Netze, auf denen sich Dutzende oder gar Hunderte von Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) auf einem Kanal übertragen lassen. Dazu bieten sich Frequenzen im THz Bereich an, die im elektromagnetischen Spektrum zwischen den Mikrowellen und der Infrarotstrahlung liegen.
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Die Empfänger sind allerdings noch vergleichsweise komplex und teuer. Sie stellen häufig den Engpass für die erreichbare Bandbreite dar. Forschende an den Instituten für Mikrostrukturtechnik IMT, Photonik und Quantenelektronik IPQ, Mikrostrukturtechnik IMT und Beschleunigerphysik und Technologie IBPT des KIT haben zusammen mit dem Diodenhersteller Virginia Diodes VDI in Charlottesville, USA einen sehr einfachen und kostengünstigen Empfänger für THz Signale entworfen und in der Zeitschrift Nature Photonics vorgestellt.
„Als Empfänger dient eine einzige Diode, mit der das Terahertz-Signal zunächst einmal gleichgerichtet wird“, erklärt Dr. Tobias Harter, der den Empfänger gemeinsam mit seinem Kollegen Christoph Füllner im Rahmen seiner Dissertation aufgebaut hat.
Es handelt sich dabei um eine Schottky-Diode, die eine hohe Geschwindigkeit bietet. Sie fungiert als Hüllkurvendetektor und gewinnt die Amplitude der THz Signale zurück. Zur korrekten Dekodierung des Datensignals wird allerdings noch die zeitlich veränderliche Phase der THz Welle benötigt, die üblicherweise beim Gleichrichten verloren geht.
Daher nutzen die Forscher digitale Verfahren zur Signalverarbeitung kombiniert mit einer speziellen Klasse an Datensignalen. Bei ihnen ist die Phase mittels der Kramers-Kronig-Relationen aus der Amplitude rekonstruierbar. Die Kramers-Kronig-Relation beschreibt eine mathematische Beziehung zwischen realem und imaginärem Teil eines analytischen Signals.
Mit dem neuen Empfänger haben die Wissenschaftler eine Datenübertragungsrate von 115 Gigabit pro Sekunde auf einer Trägerfrequenz von 0,3 THz über eine Entfernung von 110 m erzielt. „Dies ist die höchste Datenrate, die bis jetzt mit drahtloser Terahertz Übertragung über mehr als 100 Meter demonstriert wurde“, erläutert Herr Füllner. Der am KIT entwickelte THz Empfänger ist einfach aufgebaut und eignet sich für eine kostengünstige Herstellung in großen Stückzahlen.
1G Netz
Das 1G Netz und damit die 1. Mobilfunk Generation gab es in Deutschland schon lange, bevor es Handys gab, nämlich ab 1958. Alltagstauglich wurde der erste Mobilfunstandard dann erst in den 1980er Jahren. Es konnten noch keine Daten übermittelt werden und die Sprache wurde analog übertragen.
2G Netz
Die Einführung der digitalen Sprachübertragung dauerte dann über drei Jahrzehnte und gelang 1992 mit der Einführung vom 2G Netz. Damit wurde das Versenden von SMS Nachrichten salonfähig. Die Datenübertragung betrug 0,25 Mbit/s, womit sich E-Mails versenden ließen.
3G Netz
Ganze zwölf Jahre später 2004 wurde das 3G Netz mit einer maximalen Datenrate von 42,2 Mbit/s etabliert. Erstmals konnte mit einem damals neuartigem Smartphone mobil gesurft, per Video telfoniert und gestreamt werden.
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4G Netz
Mit der Einführung vom 4G Netz wurden im Jahr 2010 die Datenraten gleich mehr als verzehnfacht. Bis zu 500 Mbit/s trafen auf das Full-HD Zeitalter vom Handy. Neue Technologien wie die Cloud und Filmdownloads in nur 30 s bei einer Qualität von 1080 px waren ab sofort möglich.
5G Netz
Das aktuelle 5G Netz gibt es seit 2020 und ist noch nicht allerorts umgesetzt. Breitband Internet mit Geschwindigkeiten von bis zu 10.000 Mbit/s bringen einen riesigen Datensprung ins immer vernetztere und zunehmend digitalisierte Leben aller Bereiche. Industrie 4.0 und digitale Transformation erfordern die Datenübertragung in Echtzeit ebenso wie das Internet der Dinge, welches die Menschen zunehmend mit Maschinen, Geräten, Konsumgütern & Co. vernetzt.
6G Netz
Dem 6G Netz sagt man heute einen Start in etwa 2030 voraus. Es soll die Hologramm Telefonie oder eine autonome Robotik im Alltag ermöglichen. Die bislang erzielten Datenraten verhundertfachen sich voraussichtlich und liegen dann im Terabitbereich.
Die Einführung des 6G Standard befindet sich noch in einer sehr frühen Phase.
Im Bereich der 6G-Technologie konzentriert sich die Forschung derzeit auf den Entwurf und die Entwicklung von Netzwerken und Geräten, die die extrem hohen Datenübertragungsraten und die sehr niedrigen Latenzen, die 6G verspricht, unterstützen können.
Während es schwer zu sagen ist, wann genau die nächste Generation von Netzwerken, also 6G, vollständig kommerzialisiert wird, schätzen Experten, dass 6G-Netzwerke und 6G-fähige Smartphones irgendwann in den 2030er Jahren weit verbreitet sein könnten.
Allerdings ist zu beachten, dass diese Schätzungen auf den aktuellen Fortschritten in der 6G-Forschung basieren und sich im Laufe der Zeit ändern könnten.
Angela Struck ist Chefredakteurin des developmentscouts und freie Journalistin sowie Geschäftsführerin der Presse Service Büro GbR in Ried.