Für den reibungslosen Ablauf der Prozesse in Produktions-Anlagen sorgen Echtzeitdaten, deren Generierung immer wichtiger wird. Eine Echtzeit-Technologie ist das Time-Sensitive Networking (TSN). Sie sichert die Priorisierung der wichtigen Datenpakete, indem sie dafür sorgt, dass die Daten dann ankommen, wenn sie gebraucht werden. Um bei der Hardware-Entwicklung zu überprüfen, ob die Funktionalitäten gegeben sind, werden spezielle Analysegeräte wie der TSN Analyzer von EKS Engel eingesetzt.
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Schaut man in die Produktionshallen eines modernen Automobilherstellers, bietet sich dem Betrachter auf den ersten Blick eine Art Gewusel: Jedes Förderband, jeder Roboter und jede Einheit zur Qualitätskontrolle wissen ganz genau, wann sie was tun müssen. Möglich machen das Feldgeräte, Sensoren und Technologien, die den Produktionsprozess überwachen und zuverlässig durchführen – Tendenz steigend.
Das einfach erscheinende Zusammenspiel stellt jedoch große Anforderungen an die Planung und Steuerung der Fertigung. Mit jedem neuen Feldgerät steigt die Menge an Daten, die an die Steuerung übermittelt werden müssen. Entsprechend der Daten-Information gibt es verschiedene Datentypen: Die einen gehen in Echtzeit an die Steuerung, weil sie z. B. kritisch für die Produktion sind. Andere Daten können erst verzögert übertragen werden, weil sie etwa zu Energieoptimierung oder Predictive Maintenance benötigt werden.
Diese unterschiedlichen Dateneigenschaften erfordern eine Priorisierung zur Sicherstellung, dass die Echtzeitdaten zuerst und zuverlässig übertragen werden. Den Überblick hierüber hat die Time-Sensitive Networking (TSN) Technologie.
Das Ziel von TSN ist es, die Echtzeitfähigkeit von industriellem Ethernet Netzwerken zu steigern. Dabei handelt es sich nicht um ein eigenständiges Protokoll wie OPC UA oder Profinet, sondern um eine Sammlung spezifischer Standards. Time Sensitive Network ermöglicht die präzise Zeitsynchronisation von Feldgeräten und priorisiert Datenströme basierend auf deren Anforderungen.
Diese Technologie fördert den wachsenden Trend der Integration von Operational Technology (OT) und Information Technology (IT), was die Handhabung wesentlich vereinfacht. TSN unterstützt sowohl Echtzeitdaten als auch datenintensive Anwendungen, ohne dass es zu Konflikten kommt. Die Kommunikation basiert auf Stream- und Verkehrsklassen, welche die Anforderungen eindeutig definieren. Ein zentraler Controller entscheidet, welche Übertragungen priorisiert werden, um eine reibungslose Datenverarbeitung sicherzustellen.
Mit der zunehmenden Digitalisierung der Industrie 4.0 gewinnt der reibungslose Datenaustausch zwischen bisher isolierten Automatisierungsinseln stark an Bedeutung. Nach dem anfänglichen Hype um Echtzeitnetze in den Jahren 2017 und 2018 nutzen viele Unternehmen die Zeit, um TSN gezielt weiterzuentwickeln und konkrete Anwendungsfelder zu erschließen.
Dazu zählt die präzise Synchronisation von Netzwerkgeräten in der Bewegungssteuerung von Robotern. Auch in der Fertigung von Lithiumbatterien für Elektrofahrzeuge wird Echtzeit immer relevanter: TSN ermöglicht hier die exakte Steuerung der Bewegungsabläufe bei der Verarbeitung und Beschichtung von Materialien. Darüber hinaus können Bildverarbeitungs-, Steuerungs- und Sicherheitsdaten über dasselbe Netzwerk übertragen werden. In der Automobilindustrie spielt Echtzeit nicht nur in der Produktion eine zentrale Rolle, sondern auch in Höchstgeschwindigkeit durchzuführende Reparatur- oder Anpassungsprozesse zur Vermeidung von Stillständen und um die Effizienz zu sichern.
Ein anderer Aspekt macht TSN noch für deutlich mehr industrielle Anwendungen interessant. Anwender können über die Technologie gleichzeitig gängige Kommunikationsprotokolle in der Industrie übertragen. OPC UA und Profinet TSN sind hier als Platzhirsche spezifiziert. Die Standardisierungsarbeit übernehmen IEC und IEEE in der Arbeitsgruppe IEC/IEEE 60802-IA.
Die Integration von TSN in industrielle Anlagen verspricht deutliche Effizienzgewinne, setzt jedoch den Einsatz geeigneter Hardware voraus. Immer mehr Hersteller entwickeln TSN-kompatible Komponenten wie Switche, bei denen während der Entwicklung besonderer Wert auf Zuverlässigkeit und nahtlose Funktion gelegt werden muss. Anwender müssen darauf vertrauen können, dass die Priorisierung von Datenströmen jederzeit korrekt erfolgt.
Im laufenden Betrieb bleibt die Netzwerkstruktur jedoch dynamisch. Neue Geräte oder Anpassungen in der Anlage beeinflussen das Echtzeitverhalten kontinuierlich. Um TSN-Netzwerke optimal zu nutzen, ist eine umfassende Analyse des Datenverkehrs unerlässlich. Hier kommen spezialisierte Werkzeuge wie der TSN-Analyzer ins Spiel, der von EKS Engel in Kooperation mit Innoroute und Realtime IT entwickelt wurde. Dieses Diagnosegerät überwacht Echtzeit-Netzwerke in allen Phasen – von der Projektierung über die Inbetriebnahme bis zur Wartung und laufenden Kontrolle. So wird sichergestellt, dass die Netzwerke auch bei Veränderungen im System effizient und zuverlässig arbeiten.
Über eine Ethernet-Schnittstelle sendet die Hardware einen Strom an Paketen an die getestete Komponente etwa einen TSN-Switch. Über eine zweite Ethernet-Schnittstelle analysiert der TSN-Analyzer, ob die Priorisierung richtig erfolgt ist. Dann wird das Gerät per USB-Schnittstelle an den Computer angeschlossen. Eine passende Software zeigt über eine grafische Oberfläche das Ergebnis und erlaubt Anpassungen.
Damit wird das Gerät zu einem Schlüsselteil bei der Entwicklung und im Test TSN-fähiger Geräte. Im Vergleich mit anderen Lösungen am Markt ist der TSN-Analyzer von EKS Engel preisgünstig und kompakt. Dank dieser Vorteile lässt er sich auf den Schreibtisch eines jedes Entwicklers stellen.
Der TSN-Analyzer bietet nicht nur die Möglichkeit, Bauteile zu testen, sondern kann auch dauerhaft in TSN-Netzwerke integriert werden. Anwender nutzen den Analyzer dann als Test Access Point (TAP) im Netzwerk. TAPs werden verwendet, um den Datenverkehr zu analysieren und so das Netzwerk zu überwachen. Durch die Echtzeitfähigkeit der Technologie kommt dem Analyzer eine wichtige Aufgabe zu: Mit ihm wird sichergestellt, ob die Priorisierung richtig abläuft. Damit ist der TSN-Analyzer sowohl in der Hardwareentwicklung als auch im Betrieb einsetzbar.
Das Gerät unterstützt u. a. die Echtzeit-Standards aus den Bridges- und Bridged-Network-Normen IEEE 802.1Q sowie das auf der Zeitsynchronisations-Spezifikation IEEE 1588 aufbauende Profil aus dem Standard IEEE 802.1AS. Um den unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden, haben die Entwickler den TSN-Analyzer modular gestaltet. So ist das Gerät durch Module wie TSN-Endpoint, Traffic Generator und verschiedene Protokollkonverter erweiterbar.
Die Experten von EKS Engel haben dieses kombinierte System in einer Zusammenarbeit entwickelt: Die Hardwareentwicklung hat Innoroute übernommen. Das Münchner Entwicklungsunternehmen ist schon viele Jahre im Bereich TSN aktiv und identifizierte bereits früh den hohen Bedarf an TSN Diagnosegeräten. Nach der Konzept- und Hardware-Entwicklung fand man in EKS Engel den passenden Partner für die Verbreitung in der Industrie. Das Münchener Start-Up Realtime IT ergänzt die Kooperation mit der Software-Entwicklung inklusive der grafischen Oberfläche des TSN-Analyzers.
Im Rahmen dieser Zusammenarbeit ist eine robuste Kombination aus Hard- und Software entstanden, die den hohen Ansprüchen der Industrie gerecht wird. Durch die Analyse der TSN-Ströme steigern die Hersteller bereits in der Entwicklung von Komponenten die Resilienz von Echtzeitnetzen. In der Fabrik vor Ort ist der TSN-Analyzer künftig ein wichtiges Werkzeug zur Überwachung der Ströme und bei der Fehlervermeidung.
v. l.: Dr. Morteza Hashemi, Geschäftsführer, Realtime IT MHF GmbH; Andreas Foglar, CEO, Innoroute GmbH; Andreas Alpers, Technical Support Key Account, EKS Engel FOS GmbH + Co. KG