Im Zuge des wachsenden Marktes für die Wasserstoffmobilität mit H2 als zukunftsträchtigen Energieträger rückt die Infrastruktur für dessen Bereitstellung verstärkt in den Fokus. Resato Hydrogen Technology hat zusammen mit Turck ein innovatives Konzept für die Standorte von Wasserstoffstationen umgesetzt: Modulare Wasserstoff-Tankstellen garantieren ausgestattet mit IP67-Atex-I/O-Modulen eine schnelle Inbetriebnahme und hohe Skalierbarkeit.
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Investieren Unternehmen in Wasserstoff-Infrastruktur, legen sie viel Wert auf Skalierbarkeit für künftige Anforderungen der Märkte. Deswegen setzt der niederländische Wasserstofftankstellen-Hersteller Resato Hydrogen Technology B. V. aus Assen in den Niederlanden auf das dezentrale Konzept von Turcks IP67-I/O-Modul. Es ist das einzige am Markt, welches für alle Signaltypen inklusive Safety eine umfassende Lösung für modulare Anlagen auch im Ex-Bereich bietet.
Wasserstoff wird als Energieträger in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Vorallem werden Lkws und Busse zunehmend auf die H2 Mobilität umsteigen. Auch bei Pkws scheint sich Wasserstoff als Energieträger langfristig zu etablieren. Resato ist eine der Firmen, die mit ihren Wasserstoff-Tankstellen von diesem Trend profitieren.
Die Innovation des Unternehmens liegt in der Hochdrucktechnik. Resato hat sich im Nischenmarkt Wasserstrahlschneiden seit Anfang der 90er Jahre etabliert. Das hier generierte Know-how setzen die Ingenieure seit 2018 auch bei der Entwicklung und dem Bau von Wasserstoff-Tankstellen ein. Mehr als 45 Wasserstofftankstellen hat das Unternehmen schon produziert und europaweit in Betrieb genommen – 9 davon in den Niederlanden.
Wasserstoff-Tankstellen können ihren Treibstoff auf zwei verschiedene Arten beziehen:
Eine Wasserstofftankstelle ist daher viel komplexer als eine kohlenstoffbasierte Kraftstoff Tankstelle. Das Wasserstofftankstellen-System muss den Wasserstoff in einer Reihe von Kühl- und Kompressionsschritten auf den notwendigen Druck bringen. Größerer Druck wiederum führt zu erhöhten Temperaturen. Deswegen muss der Wasserstoff immer wieder heruntergekühlt werden.
Die Komplexität der Wasserstoff-Tankstellen steckt in der Steuerung. Resato hat hierfür einen patentierten Algorithmus entwickelt, der temperatur- und druckabhängig die schnellstmögliche Betankung gestattet. Auf der I/O-Ebene stellt der explosive H2 eine besondere Herausforderung an das Automatisierungskonzept. Der Wasserstoff erfordert ein Explosionsschutzkonzept und die eingebauten Komponenten müssen über entsprechende Zulassungen verfügen.
Außerdem muss die Wasserstoff-Tankstelle maximal wartungsarm sein, weil kein Personal vor Ort ist, welches Einstellungen vornehmen kann. Hauptsächlich Temperatur- und Drucksignale sowie Schaltsignale von Stellventilen sind hier zu verarbeiten. Hinzu kommen sicherheitsgerichtete Signale von Ventilen, Not-Aus-Tastern und anderen Sicherheitssensoren.
Wasserstoff+Brennstoffzelle: Bauteile zur Energiegewinnung
In der ersten H2 Tankstellen-Version hat Resator seine Betankungssysteme noch mit passiver I/O-Technik verdrahtet. Sensor- und Aktorsignale wurden am Pufferspeicher auf Passivverteiler gelegt und von dort über Muliticore-Leitungen zur Steuerung geführt. Diese zuverlässig funktionierende Lösung war wenig flexibel, sobald das System um weitere Pufferspeicher erweitert werden sollte.
„Es war elektrotechnisch sehr aufwendig, ein Aggregat zu ergänzen. Wir mussten zudem die Software komplett überarbeiteten. Also haben wir uns entschieden, das ganze System in Module zu unterteilen, so dass wir jedes Modul einzeln steuern können“, erläutert Remco Lagendijk, Electrical and Instrumentation Engineer bei Resato, den Beginn des modularen Tankstellen-Konzepts.
Die zweite Generation der Resato-Wasserstoff-Tankstellen wurde modular aufgebaut. Pufferspeicher, Kühlaggregate und Verdichter können nun flexibel hinzugefügt und kombiniert werden. Damit sich die Aggregate einfacher ergänzen lassen, müssen auf jedem Aggregat alle Signale in einer Datenleitung zusammenlaufen.
Die Pufferspeicher benötigen dazu eine I/O-Lösung mit Industrial Ethernet in Form von Profinet. Resato wollte sich die Schutzgehäuse und den mechanischen Aufwand sparen. Deswegen suchten die Entwickler nach IP67 I/O-Modulen, welche temperaturbeständig und für den Outdoor Einsatz geeignet sind. Die Module sollten allerdings auch über eine Zulassung für Atex-Zone 2 verfügen und sich für den Anschluss von eigensicheren Signalen aus Zone 1 und 0 eignen. Diese Anforderung bringt den Automatisierer dann doch ins Schwitzen.
Auf der Suche nach einem Automatisierungspartner, der dieses dezentrale Konzept auch im Ex-Bereich unterstützen kann, hat sich das Resato-Team auf der Hannover Messe Informationen eingeholt und wurde fündig. Die Ingenieuren sahen auf den Messeständen viele IP67-IO-Lösungen.
Doch bei der Frage nach IP67 mit Atex-Zulassung mussten viele Anbieter passen. „Bis auf Turck. Sie konnten uns unterschiedliche Lösungen für IP67 in Atex-Zonen anbieten. Wir haben verstanden, dass Turck sich hier auskennt und auch bereits entsprechende Komponenten auf dem Markt hat“, berichtet Herr Lagendijk.
Anschließend haben Resato und Turck ein dezentrales I/O-Konzept für die Pufferspeicher entwickelt. „Der Support war wirklich gut. Man hat uns nicht nur ein paar Produkte hingelegt und gesagt: ‚Viel Glück damit’, sondern wir haben uns intensiv über die Produkte ausgetauscht und unterschiedliche Möglichkeiten durchgedacht", erklärt Niels de Jong, Ingenieur für Forschung und Entwicklung. "Turck hat uns sogar die exakten Kabeltypen mit den passenden Längen empfohlen. Resato hat den Anspruch, weltweit Technologieführer im Bereich der Wasserstofftankstellen zu sein. Dafür brauchen wir Partner wie Turck.“
Das I/O-Konzept wurde komplett dezentral gestaltet – inklusive der eigensicheren Sensorsignale aus Atex-Zone 0 und 1. Mit der IMC-Familie hat Turck spezielle Interface-Bausteine in IP67 im Portfolio. Sie werden zwischen das I/O-Gerät und den Ex-Sensor bzw. Aktor geschaltet. Sie trennen sicher die Stromkreise und transformieren die Signalströme. Selbst die sicherheitsgerichteten Signale werden dezentral auf das IP67-I/O-Modul TBPN gelegt, welches über Profisafe-Protokoll mit der Sicherheitssteuerung kommuniziert.
„Einer der Vorteile, warum wir die Turck-Lösung gewählt haben, sind die Möglichkeiten zum Offline-Testen“, sagt Remcoo Lagendijk. „Früher mussten wir bei uns in der Produktion testen, dann haben wir alles demontiert und vor Ort beim Kunden wieder alles neu verkabelt. Dann mussten wir natürlich nochmal testen, ob alle Ein- und Ausgänge korrekt angeschlossen sind. Heute testen wir die Systeme bei uns und lassen alle Stecker mit den Remote-I/O-Modulen verbunden. Beim Kunden müssen wir dann nur noch die Power- und die Datenleitung anschließen. So sparen wir einige Tage Inbetriebnahmezeit für die Elektroarbeiten, wodurch wir mit weniger Elektroingenieuren arbeiten können.“
Messtechnik sichert Qualität bei Wasserstoff Herstellung
Er betont diesen Vorteil des modularen Konzeptes: „Die Inbetriebnahme ist eine sehr kritische Phase. Wenn hier Fehler auftreten, dauert es meistens viel länger, sie zu beheben, als in der Produktion. Denn in der eigenen Fertigung sind alle Experten, die richtigen Werkzeuge und auch notwenige Ersatzteile sofort griffbereit, beim Kunden vor Ort nicht.“
Resato hat das modulare Konzept zu Ende gedacht und auch die Steuerungssoftware modular aufgesetzt. So ist in der Steuerungssoftware ein Modul erweiterbar, ohne den kompletten Code neu schreiben zu müssen. „Das ist fast wie Copy-and-Paste“, sagt Herr Lagendijk.
Auf Basis des modularen Konzepts lassen sich die Wasserstoff-Tankstellen von Resato sehr einfach skalieren. „Wenn der Kunde seinen Speicher erweitern möchte und mehr Pufferspeicher benötigt, dann ist das kein Problem für uns – insbesondere von der elektrotechnischen Seite und der Steuerung her ist es sehr einfach“, ergänzt Niels de Jong.
Die Nachfrage nach den H2 Tankstellen steigt kontinuierlich. Deswegen erwartet Resato zeitnah, dass die Produktion sukzessive von der Projektorganisation auf die Serienfertigung umgestellt werden kann. Mit dem modularen H2 Tankstellen-Konzept und der modularen I/O-Architektur ist das Unternehmen darauf vorbereitet. Denn das Konzept ermöglicht jederzeit den Einstieg in die Serienproduktion. Einzelne Module wie Pufferspeicher oder Verdichter können auf Lager vorproduziert und dann kundenspezifisch zusammengestellt werden. Diese Skaleneffekte werden die Kosten und Time-To-Market der Wasserstofftankstellen senken.
In Deutschland gibt es derzeit über 80 öffentliche Wasserstoff-Tankstellen, die von H2 Mobility Deutschland betrieben werden. Diese Stationen versorgen Brennstoffzellenfahrzeuge mit 700 bar, einschließlich Pkw und kleinerer Nutzfahrzeuge sowie Abfallsammelfahrzeuge. Zusätzlich sind vier weitere Tankstellen in Planung, Bau oder Inbetriebnahme. Für Busse und Lkws, die mit 350 bar betankt werden, gibt es 24 Wasserstoffstationen. Weitere 18 Betankungsoptionen für 350 bar befinden sich derzeit in der Umsetzung.
Für aktuelle und detaillierte Informationen über die Verfügbarkeit und Standorte von Wasserstofftankstellen in Deutschland bietet die Plattform H2.Live Echtzeitdaten sowie eine Übersicht aller öffentlichen Wasserstofftankstellen in Deutschland und Europa
Die begrenzte Anzahl von Wasserstofftankstellen ist hauptsächlich auf die hohen Investitions- und Betriebskosten sowie die komplexen technologischen Anforderungen zurückzuführen. Der Aufbau von einem dichten und flächendeckenden Netz erfordert erhebliche Vorabinvestitionen in die Infrastruktur, einschließlich der Produktion, Lagerung und Distribution von Wasserstoff unter hohen Drücken.
Zudem sind die technischen Herausforderungen, wie die Gewährleistung der Sicherheit und Effizienz der Wasserstoff-Versorgung, nicht zu unterschätzen. Da die Nachfrage nach Wasserstoff-Fahrzeugen im Vergleich zu konventionellen Kraftstoffen oder Elektroautos noch gering ist, zögern Investoren, in ein so kapitalintensives und technologisch anspruchsvolles Netzwerk zu investieren, ohne eine klare Vorstellung von der zukünftigen Marktentwicklung und dem Kundenzuspruch zu haben. Deshalb gestaltet sich der Ausbau vom flächendeckenden Wasserstoff-Tankstellennetz so langsam.
Klaus Albers ist Leiter Marketing Services + Public Relations, Hans Turck GmbH + Co. KG, Mülheim an der Ruhr.