Im Juli 2018 brachte Minebea Mitsumi in Japan das „Mimamori Bettsensor System“ auf den Markt. Die innovative Technologie richtete sich insbesondere an Pflegeeinrichtungen. Der Startschuss für das Projekt fiel im Mai 2017 und es verspricht auch für den europäischen Markt bedeutende Vorteile im Gesundheitssektor. Das Bettsensor System zeichnet berührungslos Bewegungen, Vitaldaten und Verhaltensmuster von Patienten auf und ist bisher einzigartig.
Mimamori ist japanisch und steht für den Vorgang, aufmerksam auf jemanden zu achten oder etwas aufmerksam zu beobachten. Vier Lastsensoren werden unter jeder Rolle eines Krankenbetts angebracht. Durch einen Datenlogger können verschiedene Patientenzustände erkannt und an das gewünschte Endgerät, wie zum Beispiel an ein Smartphone, ein Tablet oder an den PC, gesendet werden. Pflegekräfte haben damit die Möglichkeit, problemlos am Bildschirm zu verfolgen, ob ein Patient gerade liegt, sitzt oder im Begriff ist, das Bett zu verlassen. Das Terminal des Pflegepersonals löst rechtzeitig einen Alarm aus und kann damit verhindern, dass zum Beispiel ein Patient aus dem Bett fällt. Besonders in der Pflege demenzkranker Patienten könnte die Technologie erhebliche Verbesserungen herbeiführen.
In der Entwicklungsphase wurden in Japan in mehr als 30 Pflegeeinrichtungen zahlreiche Interviews und Tests durchgeführt, um die Anforderungen und die Bedürfnisse sowohl auf der Pflege- als auch auf der Patientenseite so genau wie möglich zu erfassen und zu analysieren. In diesem Stadium zeigte sich, dass gerade die Nachtschichten eine personelle Belastung darstellen.
Auch Japan kämpft mit dem Mangel an Pflegepersonal im Gesundheitswesen und die Nachtschichten sind für die Angestellten eine körperliche sowie psychische Herausforderung. Für die Patienten hingegen ist es unangenehm, während der Nacht Sensoren am Körper zu tragen. Mit Mimamori kann das Pflegepersonal bis zu 20 Betten gleichzeitig auf einem Verwaltungsbildschirm überwachen, während die Patienten die Sensoren überhaupt nicht wahrnehmen.
Probleme, die im Fachkräftemangel begründet sind, könnten mit dem Minebea Mitsumi Bettsensor System deutlich gemindert werden. Laut Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit könnten die Digitalisierung insgesamt und die neuen Smart Healthcare Technologien in naher Zukunft eine wichtige Rolle im Kampf gegen den PflegepersonalMangel spielen.
Um eine proaktive, vorausschauende Pflege zu realisieren, zeichnet das Bettsensor System die Tagesaktivität des Nutzers auf und speichert diese. Im Falle eines periodischen Anstiegs der Patientenbewegungen, zum Beispiel immer zur gleichen Tages- oder Nachtzeit, könnten Pflegefachkräfte zusätzlich zur Kontrolle auch Vorhersagen treffen und im besten Fall der Ursache vorbeugen. Zur Datenauswertung ist in Zukunft sogar die Nutzung von AI denkbar. Auch die Messung von Vitaldaten wie der Herzfrequenz oder der Schlafqualität liegt im Rahmen des Möglichen und befindet sich in der Entwicklung.
In Europa arbeitet bereits ein Entwicklungsteam an der Zulassung des Sensorsystems und an der Validierung möglicher Vertriebspartner. Erste Feldtests sind für dieses Jahr geplant. Die University of Surrey ist ein starker Forschungspartner und testet derzeit das Optimierungspotential für den europäischen Markt. Das Sensorsystem wird in Patientenzimmern des St. Peter’s Hospitals in Surrey und mehreren Privathaushalten installiert, um aussagekräftige Daten für die Optimierung des Systems zu sammeln. Dabei werden neben den Gesundheitsinformationen auch psychologische sowie ökologische Umstände berücksichtigt. Ziel der Forschungsstudie ist es, den Wirkungsgrad und Einfluss des Systems auf die Behandlung von Menschen mit und ohne Demenz zu ermitteln. Das Feedback von Nutzern und Patienten soll helfen, das Bettsensor System und das Dashboard für das Pflegepersonal zu optimieren.
Roman Klein ist Head of communications bei der MinebeaMitsumi Technology Center Europe GmbH in Villingen-Schwenningen.