Von der schönen Berglandschaft würde man wohl nicht so viel mitbekommen auf einer Fahrt mit dem Hyperloop in einer halben Stunde von München nach Berlin. Viele Forschungsinstitute beschäftigen sich derzeit mit der Idee von Tesla CEO und SpaceX Elon Musk. Tata Steel hat einen CO2 armen Stahl für die Röhren entwickelt. Erste Teststrecken werden gebaut. Auch die Technische Universität München (TUM) hat ein Forschungsprogramm gestartet und baut eine Teststrecke.
Inhalt des Forschungsberichts
04.10.2022 | Hardt Hyperloop und Tata Steel starten die nächste Stufe der Zusammenarbeit. Auf der Innotrans in Berlin haben die langjährigen Partner einen Vertrag über die Lieferung von Zeremis Carbon Lite unterzeichnet. Der Stahl hat einen um bis zu 100 % reduzierten CO2 Fußabdruck,welcher von der DNV (Det Norske Veritas) verifiziert wurde.
Tata Steel arbeitet eng mit Kunden und Partnern zusammen, um neue, schnelle und energieeffiziente Mobilitätskonzepte zu verwirklichen. Eine dieser Technologien ist Hardt Hyperloop. Das nachhaltige Hochgeschwindigkeits-Transportsystem für Menschen und Güter wird von Tata Steel seit den Anfängen unterstützt.
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Der Stahl ist bei der Herstellung der leichten, aber stabilen Hyperloop Röhren unverzichtbar. Dabei muss das Stahlrohr einem niedrigen Luftdruck im Inneren der Röhren mit der entsprechenden Steifigkeit standhalten. Zur Entwicklung hochwertiger Stahlsorten hat sich Tata Steel 2020 mit dem koreanischen Stahlhersteller Posco zusammengeschlossen. Das Ziel ist eine Gewichtsreduzierung um 50 % im Vergleich zu einem Rohr mit herkömmlicher Technologie. Neue Stahlqualitäten für spiralnahtgeschweißte Rohre und völlig neue Rohrkonstruktionen sind hierzu nötig.
Schon im Juli 2022 hat Tata Steel die Auslieferung der ersten Charge eines neuen Stahls speziell für den Hyperloop bekanntgegeben. Nun konnte Hardt Hyperloop als Kunde für Zeremis Carbon Lite gewonnen werden. Die ersten Rohre aus dem verifizierten CO2 armen Stahl werden im European Hyperloop Center in Groningen in den Niederlanden getestet.
"Der Hyperloop läutet eine neue Ära der Mobilität ein. Unser Ziel ist es, bis 2050 ein 100.000 Kilometer langes Hyperloop Netz zu realisieren. Hyperloop verbraucht dabei 10-mal weniger Energie als der Straßen- oder Luftverkehr. Die Umstellung auf diese Technologie wird es uns ermöglichen, bis dahin jährlich über 1 Milliarde Tonnen CO2 Emissionen einzusparen. Daher lag es nahe, beim Material auch Stahlsorten mit einem geringeren CO2 Fußabdruck zu verwenden", sagt Mars Geuze, CCO von Hardt.
Nach der Einführung von Zeremis Carbon Lite geht die Reise von Tata Steel in Richtung einer sauberen, grünen und kreislauforientierten Zukunft weiter. Um die Emissionen der Stahlproduktion in großem Umfang zu reduzieren, hat sich das Unternehmen verpflichtet, auf eine grüne, wasserstoffbasierte Stahlerzeugung umzustellen. Tata Steel strebt eine Verringerung der CO2 Emissionen um 35 % bis 40 % bis 2030 an – wenn das Unternehmen seine erste Anlage für direktreduziertes Eisen (DRI) in Betrieb nimmt – und will bis 2035 75 % weniger CO2 ausstoßen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich das Unternehmen zu einem Hersteller großer Mengen hochwertigen grünen Stahls entwickeln. Bis 2045 will man dann ein CO2 neutraler Stahlhersteller sein.
Beinahe so schnell wie der Schall soll der Hyperloop sein. Studierende der TU München (TUM) bauen unschlagbar schnelle Prototypen des Hyperloops. Mit Passagier Kapseln haben sie das in internationalen Wettbewerben bereits bewiesen.
Jetzt hat die Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie der TUM ein Forschungsprogramm ins Leben gerufen. Es wird gefördert aus Mitteln der Hightech Agenda Bayern der Bayerischen Staatsregierung. Zusammen mit Wissenschaftlerinnen werden die Studierenden daran arbeiten die Idee vom superschnellen Zug zu realisieren.
Doch Studenten und Studentinnen geht es nicht nur um Geschwindigkeiten. In ihrem Projekt untersuchen sie auch, wie sich der Hyperloop als sicheres, bezahlbares und nachhaltiges Transportmittel der Zukunft realisieren lässt. Sie werden u. a. hierfür ein Schwebesystem für die Kapseln und einen Prototyp der Test Röhre aus ultrahochfestem Beton entwickeln.
In einer ersten Phase, die über zwei Jahre läuft, werden zunächst Systemanalysen über Machbarkeit und Potential des Hyperloop Konzepts in Europa sollen in der ersten Phase durchgeführt werden. Diese hat eine Laufzeit von zwei Jahren und umfasst auch die Entwicklung und Erprobung von relevanten Technologien wie die 24 Meter lange Test Strecke.
Sie entsteht auf dem Gelände des Ludwig Bölkow Campus Taufkirchen/Ottobrunn zusammen mit einer Prototyp Kapsel im Maßstab 1:1. Die Expertise der TUM Fachbereiche Materialwissenschaft, Bauingenieurwesen und Antriebssysteme werden in die Forschungsarbeit Programm einfließen.
Prof. Agnes Jocher leitet u. a. das Forschungsprogramm. Sie hat seit Anfang Juli 2020 die Professur für Sustainable Future Mobility an der TUM inne. „Der Hyperloop hat das Potential, eine schnelle, elektrische Alternative auf mittellangen Strecken zu bieten und somit nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Transport zu ermöglichen“, erklärt Prof. Jocher. „Es ist aber noch weitere Forschung nötig, um diese Annahme zu prüfen. Zum Beispiel müssen auch die Produktion und der Aufbau des Systems miteinbezogen werden.“
Gabriele Semino, seit 2017 im Hyperloop Team, war bei den drei Wettbewerben in Los Angeles dabei. Er ist jetzt wissenschaftlichen Mitarbeiter am Programm. „Beim Wettbewerb handelte es sich um Prototypen, die hauptsächlich auf ihre Geschwindigkeit ausgelegt worden sind“, erklärt er. „In diesem Forschungsprojekt verfolgen wir nun ein skalierbares Gesamtsystem, das von sämtlichen Aspekten wie Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Sicherheit beeinflusst wird. Das über die Jahre hinweg gesammelte Wissen in der Materie sowie im Prototypenbau wird uns jedoch auf jeden Fall unabdingbar sein“, kommentiert Herr Semino.
Unter dem Aspekt, dass der geplante Demonstrator anders als die bisherigen Prototypen so groß wie eine mögliche zukünftige Passagier Kapsel sein soll erklärt der Wissenschaftler: „Unser letzter Prototyp hat unter 70 Kilogramm gewogen, jetzt sind wir bei mehreren Tonnen.“ Etwa 4 m hoch soll die Test Röhre inklusive Fundament werden. Zunächst soll das Hyperloop Konzept mit dem Demonstrator validiert werden. In einer späteren Phase des Projekts ist dann eine längere Teststrecke für weitere Versuche angedacht.
Studierende aus der ganzen Welt traten bereits dreimal mit ihren Prototypen für die Kabinen Kapsel, dem sogenannten Pod, gegeneinander an. Dreimal raste der Prototyp der TUM als schnellster ins Ziel und konnte bei jedem Rennen die Konkurrenz weit hinter sich lassen. Den aktuellen Rekord setzten die Studierenden beim letzten Wettbewerb im Juli 2019 mit 482 Kilometern pro Stunde (km/h). Das Team präsentiert hier seinen vierten Pod.
17.07.2020 | In der studentischen Initiative TUM Boring – Innovation in Tunneling haben sich über 60 studentische Mitglieder verschiedener Münchner Universitäten zusammengeschlossen, um die Not-a-Boring Competition von Elon Musk zu gewinnen. Die TUM Boring Mitglieder vereinen Kompetenzen aus Maschinenbau, Elektrotechnik, Mechatronik, Bauingenieurwesen, Physik, Informatik, TUM BWL und vieles mehr.
Die Not-a-Boring Competition schließt sich an das Vorgängerprojekt TUM Hyperloop an. Mit seiner The Boring Company will Elon Musk den Tunnelbau beschleunigen und kostengünstiger machen. Wenn man bedenkt, dass es bislang bis zu acht Wochen dauert, um einen Kilometer Tunnel zu bohren, ist das ein heres Ziel. Bis zum Frühjahr soll ein Prototyp für eine Tunnelbohrmaschine entwickelt werden, mit denen möglichst schnell ein Tunnel von 30 m Länge mit einem Durchmesser von einem 0,5 m gebaut werden kann. In dem Tunnel, der in Kalifornien entstehen soll, soll es außerdem eine befahrbare Oberfläche geben, die bei einer Testfahrt mit einem Tesla erstmals befahren werden soll.
Für die Hyperloop Tunnel Bohrung Challenge tritt TUM Boring gegen Teams aus aller Welt an. Die Studenten bauen an einer Tunnelbohrmaschine, die bis zu 14-mal schneller bohren soll, als es aktuell im Tunnelbau der Fall ist. Der Vorentwurf wurde bereits angenommen und das Team ist in die zweite Runde eingezogen.
Die TUM Boring hat bereits einen funktionierenden Prototypen mit einem Durchmesser von 20 cm entwickelt, der einige Meter Tunnel für die künftige Hyperloop Röhre gebohrt hat. Angesichts des laufenden Wettbewerbs möchte Co-Founder Jona Roßmann nicht zu sehr ins technische Detail der Entwicklung gehen, betont aber, dass die Automatisierung von zentraler Bedeutung für die angesprochenen Effizienzsteigerungen sei. Im Vergleich würden viele Prozesse in der heutigen Tunnelbautechnologie noch einen manuellen Eingriff benötigen.
Generell gibt es zwei Haupt-Technologien beim Tunnelbohren. Für größere Durchmesser ab ca. 3 bis 4 m werden sogenannte „Tübbinge“ verbaut. Das sind einzelne Rohrsegmente, die manuell per Joystick gesetzt werden. Dies erfordert einen großen zeitlichen Aufwand. Für kleinere Durchmesser wird das sogenannte „Pipe Jacking“- Verfahren (Rohrvorschub) angewandt. Hier wirken aufgrund des verminderten Tunnelquerschnitts geringere Kräfte. Die Rohre können durch ein Vortriebssystem wie mit Hydraulikzylinder in das Erdreich hineingedrückt werden. Ist ein Rohrsegment vollständig platziert, fahren die Zylinder wieder ein und der Vorgang beginnt von vorn. Hierzu wird meist ein Kran eingesetzt.
Der Prototyp der TUM Boring selbst repräsentiere noch nicht das technische Konzept, sondern ist an die existierenden Technologien angelehnt. Er wurde gebaut, um noch mehr praktische Erfahrungen über Verhaltensweisen und die Performance von den verschiedenen technischen Komponenten zu sammeln.
Für eine Testbohrung wurde der Ort Erdweg ca. 40 km nördlich von München gewählt. Im Garten der Eltern des technischen Projektleiters brauchte man rechtliche Genehmigung für das Vorhaben. Außerdem ist die Geologie dort weicher, weil sich das Gebiet außerhalb der so genannten Münchener Schotterebene befindet. Die geologischen Voraussetzungen des Donau-Isar-Hügellands sind wahrscheinlich besser mit den zu erwartenden Bedingungen in Kalifornien zu vergleichen.
Das US-amerikanische Unternehmen Virgin Hyperloop One arbeitet ebenfalls an der Umsetzung des Hyperloop Konzepts von Elon Musk. Gründer von Virgin Hyperloop One ist der Visionär Richard Branson. Im Mai 2016 hat Virgin die Hyperloop One Global Challenge ins Leben gerufen. Weltweit wurden darin Teams aufgefordert, umsetzbare Routen vorzuschlagen.
2017 wurden dann unter 35 nominierten Routenvorschlägen zehn Routen für die Ausschreibung ausgewählt. Sie sollen nun gebaut werden. Deutschland ist leider nicht dabei, hatte es aber mit einer Verbindung zwischen Hamburg und Berlins ins Semifinale geschafft.
Virgin Hyperloop One hat in der Wüste von Nevada eine Hyperloop Strecke in Form einer ersten Teströhre gebaut. Der Devloop erzielte 2017 erstmals eine Geschwindigkeit von 387 Kilometer pro Stunde.
Technisches Allgemeinwissen
Hyperloop ist das Konzept eines Superschnellzugs, der durch ein Röhren System rast. Tesla und SpaceX CEO Elon Musk stellte seine Vision erstmals im Jahr 2013 vor. Die Idee dahinter ist ein Bodentransportsystem für Passagiere und Frachten mit Ultrahöchstgeschwindigkeit. Es soll auf einer Strecke von bis zu 1200 Kilometern schneller als ein Flugzeug und günstiger als die Bahn sein.
Der Hyperloop besteht aus zwei nebeneinander liegenden Fahrröhren, in denen ein Teilvakuum erzeugt wird. Die Röhren verbinden verschiedene Verkehrsknotenpunkte in großen Ballungsräumen miteinander. Durch das Teilvakuum wird der Hochgeschwindigkeitszug mit annähernd Schallgeschwindigkeit durch die Röhre „geschossen“.
Die unter Druck stehenden Fahrzeuge werden als Pods bezeichnet. Durch das kontaktlose Schwebe- bzw. Antriebssystem und den geringen Luftwiderstand werden die Ultrahoch Geschwindigkeiten erst möglich. Mit dem Konzept von Elon Musk lassen sich die Fahrzeiten für Entfernungen mittlerer Reichweite erheblich reduzieren. Von Berlin nach München braucht der Zug lediglich eine halbe Stunde. Der Schnellzug zielt zudem darauf ab, bei vollelektrischem Betrieb komplett klimaneutral zu sein.
Angela Struck ist Chefredakteurin des developmentscouts und freie Journalistin sowie Geschäftsführerin der Presse Service Büro GbR in Ried.