Fronius hat den CMT-Schweißprozess jüngst auf die modernste Schweißstromquelle des Unternehmens, die TPS/i, gebracht. Mit der zweiten Generation des kalten Lichtbogens lässt sich in vielen Anwendungen mit bisher nicht erreichter Qualität, Einfachheit und Prozesssicherheit robotergestützt schweißen. Der Stahlproduzent und Automobilzulieferer Voestalpine hat sich wegen dieser Vorzüge als erster Anwender entschieden, die weiterentwickelte CMT-Technologie in der Serienproduktion zu nutzen.

Fronius Cold Metal Transfer

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CMT 2.0 – ein Quantensprung

Die zweite Generation des CMT-Prozesses stellt noch einmal einen echten Quantensprung gegenüber der Vorgängerversion dar, obwohl letztere bereits Schweißqualität und Prozesssicherheit auf höchstem Niveau geboten hat“, erläutert Michael Nowasz nach drei Monaten Serienproduktion rundum begeistert.

Für den Leiter des Bereichs Fügen bei der Voestalpine Automotive Components Schmölln GmbH steht fest: „Wir haben die Qualität dank der zahlreichen Neuerungen und Weiterentwicklungen der TPS/i in Verbindung mit einem darauf zugeschnittenen CMT-Prozess nochmals spürbar angehoben und zudem unseren Handlungsspielraum beim Fügen deutlich vergrößert.“

Wie schon die Vorgängergeneration bietet der neue CMT-Prozess (Cold Metal Transfer) einen besonders niedrigen Wärmeeintrag und eine hohe Spaltüberbrückbarkeit. Dies wird durch eine besonders dynamische Regelung des Lichtbogens erreicht.

„Hier unterscheidet sich der von Fronius gewählte Ansatz schon auf den ersten Blick von anderen, da die Tropfenablöse bzw. der Tropfenübergang nicht nur durch die Elektronik der Stromquelle gesteuert, sondern zusätzlich mechanisch unterstützt wird“, urteilt der Bereichsleiter. Dafür wird die Drahtelektrode mit Hilfe eines Push-Pull-Schweißbrenners immer genau dann ein Stück zurückgezogen, wenn der Strom sein Maximum erreicht hat und abgestellt wird. So wird ein besonders stabiler Lichtbogen erzeugt, der faktisch spritzerfrei arbeitet und auch höhere Schweißgeschwindigkeiten zulässt.

Schneller und besser schweißen mit CMT

„Mit der Umstellung vom Standard-MAG-Prozess auf CMT konnte bereits eine zufriedenstellende Leistungssteigerung erreicht werden“, blickt Michael Nowasz in die Zeit nach der Einführung der ersten Generation des CMT-Prozesses im Jahre 2011 zurück. „Seit dieser Umstellung müssen zudem kaum Spritzer entfernt werden, sodass sich meine Mitarbeiter seither ganz auf die Qualität der Schweißnaht fokussieren können.“

Ein weiterer Pluspunkt der CMT-Lösung ist die hohe Verfügbarkeit der CMT-Anlage, betont der Bereichsleiter: „Verlöscht aus irgendeinem Grund der Lichtbogen, zündet der Prozess von alleine wieder. Zündfehler, ein Festbrennen der Drahtelektrode am Kontaktrohr oder ähnliche Ärgernisse gehören bei uns seitdem der Vergangenheit an.“

Nicht zuletzt schätzt der Fügespezialist die vielfältigen Einflussmöglichkeiten auf den Schweißprozess bzw. die Lichtbogengeometrie. Dazu gehört auch die Option, CMT mit einem Pulsprozess zu überlagern, um den Wärmeeintrag über den Lichtbogen ins Grundmaterial noch besser kontrollieren und umso schneller schweißen zu können.

CMT ins Lastenheft für Neuanlagen aufgenommen

Aufgrund der durchweg positiven Erfahrungen hat der Bereichsleiter dafür gesorgt, dass der CMT-Prozess für das Lichtbogenschweißen von Stahlblechen bis 3 mm als Standardprozess im Lastenheft für neue Schweißanlagen aufgenommen wurde. Auf ihnen fertigt der Stahlproduzent unterschiedlichste Automotive-Strukturbauteile aus verzinkten und hochfesten Blechen aber auch Aluminiumblechen. Zuletzt arbeiteten sechs der zwölf Roboterschweißzellen am Standort Schmölln mit dem CMT-Prozess.

Entsprechend positiv reagierten die Verantwortlichen bei Voestalpine daher auf die Anfang 2016 vorgestellte zweiten Generation der CMT-Technologie und den Vorschlag von Fronius, einen Einsatz in der Serienproduktion zu prüfen. „Wir haben für erste Schweißversuche eine A-Säule aus hochfestem, verzinktem Stahl gewählt. Dieses komplexe Bauteil eignet sich nicht nur wegen des anspruchsvollen Materials, sondern auch wegen der eingeschränkten Zugänglichkeit und der fertigungsbedingt großen Spaltmaße bestens dafür, den neuen Prozess auf Herz und Nieren zu testen“, erläutert Michael Nowasz.

Für „einfach genial“ befunden

Fronius CMT TPSiIm Sommer 2016 wurden dann im Technikum am Stammsitz von Fronius in Wels die ersten Schweißversuche mit dem neuen CMT-Prozess und der TPS/i durchgeführt. „Ich habe das Labor zusammen mit unserem Entwicklungsleiter besucht und dort den neuen CMT-Prozess in Aktion erlebt“, berichtet der Bereichsleiter. „Was wir dort zu sehen bekommen haben, war einfach genial. Es war für uns sofort klar, dass Fronius wieder ein großer Wurf gelungen ist.“

Die Grundlage für den erreichten Technologiesprung bildet die TPS/i, die nicht eine einfache Weiterentwicklung des Vorgängermodells TPS darstellt, sondern eine von Grund auf neu konzipierte Schweißstromquelle ist. Dabei wurden alle Komponenten von der Steuerung, über den Kommunikationsbus und den Drahtvorschub bis hin zur Bedienoberfläche, dem Kühlsystem und dem Schlauchpaket neu entwickelt.

Neuer Algorithmus - neuer Roboterbrenner

fronius50418Damit der CMT-Prozess maximal von der TPS/i profitieren kann, wurde der Algorithmus neu aufgesetzt und zur zweiten Generation ausgebaut. Auch der Push-Pull-Brenner, der für die TPS/i-Serie schon einem vollständigem Redesign unterzogen wurde, blieb dabei nicht außen vor und wurde als CMT-Variante mit einem digital geregelten, getriebelosen AC-Servomotor für noch höhere Frequenzen der oszillierenden Drahtelektrodenbewegung ausgestattet.

„Ein Vorteil des neuen Roboterbrenners Robacta Drive sticht sofort ins Auge“, sagt Michael Nowasz. „Er ist kompakter als das Vorgängermodell und garantiert damit eine bessere Zugänglichkeit, wie wir sie für komplexere Bauteile immer häufiger benötigen.“

CMT-Prozess in der Serienproduktion

Die Ergebnisse der Schweißversuche am realen Bauteil waren so überzeugend, dass sich die Beteiligten sofort an die Überführung der neuen CMT-Generation in die Serienproduktion bei voestalpine gemacht haben. Schon im Herbst 2016 war es soweit. Innerhalb eines Tages wurde die erste der sechs Roboterzellen umgerüstet, auf der Halter aus blankem, 2 bis 3 mm dicken Stahlblech unter CO2-Schutzgas produziert werden.

Dabei ist etwa ein Meter Schweißnaht zu legen, der sich aus 48 Einzelnähten mit einer Maximallänge von 35 mm zusammensetzt. „Bereits am nächste Vormittag haben wir zusammen den Roboter geteached und noch am selben Tag die ersten Teile geschweißt“, erinnert sich Michael Nowasz. „Es hat sich gezeigt, dass sich mit dem neuen System die richtigen Parameter wesentlich schneller und einfacher finden lassen.“ So musste am dritten Tag nur noch geringfügig nachjustiert werden, um die optimalen Arbeitswerte zu erreichen.

fronius60418Dabei konnte sich der Bereichsleiter auch von der Funktionalität der neuen magnetischen Crashbox überzeugen: „Wir ließen den Brenner vom Roboter gegen ein Blech fahren – die Schutzvorrichtung löste so schnell aus, dass keinerlei Beschädigung an Brenner, Roboter, Vorrichtung oder Werkstück entstehen konnte.“ Nach einer Kollision muss die magnetische Verriegelung dann nur wieder eingerastet werden, wobei der Referenzpunkt erhalten bleibt, sodass unmittelbar weitergeschweißt werden kann. Der lästige Tausch der Crashbox und die Referenzfahrt werden damit obsolet.

Nach den Tests konnte bei Voestalpine noch am selben Tag die Serienproduktion mit der neuen CMT-Konfiguration wieder anlaufen. „Es hat mich absolut begeistert, dass die Umstellung so reibungslos verlief und es bis heute – drei Monate und 3000 Teile später – zu keinem Stillstand kam und wir bislang auch keinerlei weitere Unterstützung von Fronius anfordern mussten“, freut sich Michael Nowasz.