In der Fertigung dentaler Komponenten ist ein stabiler, effizienter Prozessaufbau von zentraler Bedeutung – besonders dann, wenn hochfeste Werkstoffe unter definierten Toleranzen bearbeitet werden. Der Medizintechnik-Hersteller Dentaurum hat gemeinsam mit Müller Präzisionswerkzeuge einen anwendungsoptimierten Stufenbohrer für Edelstahl entwickelt, der auf die spezifischen Anforderungen der Dentalproduktion zugeschnitten ist. Ziel war es, die Gratbildung bei der Bearbeitung filigraner Bauteile zu minimieren und gleichzeitig die Standzeit der Werkzeuge signifikant zu verlängern.

Dentaltaurum Dentaltechnik Stufenbohrer Edelstahl

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Medizintechnische Anwendungen mit höchsten Ansprüchen

DentaurumDie kontinuierliche Verbesserung von Fertigungsprozessen spielt bei der Dentaurum GmbH & Co. KG eine zentrale Rolle. Das traditionsreiche Familienunternehmen mit über 138 Jahren Branchenerfahrung zählt zu den international anerkannten Anbietern für dentale Systemlösungen. Der Fokus liegt auf hochwertigen Produkten für sämtliche Bereiche der Zahnmedizin – von der Prothetik und Keramikverarbeitung über die Implantologie bis hin zur Kieferorthopädie.

Zum umfangreichen Produktprogramm gehören unter anderem Dehnschrauben, die integraler Bestandteil aktiver Zahnspangen für Kinder und Jugendliche sind. Diese mechanischen Elemente üben gezielten Druck auf das Gebiss aus und steuern so die Bewegung von Zähnen und Kieferknochen. Trotz ihrer kompakten Bauweise müssen die Schrauben maximale Dehnwege ermöglichen – ein funktionelles Detail, das maßgeblich zur therapeutischen Wirkung beiträgt und eine hohe Fertigungspräzision erfordert.

Edelstahl zerspanen im Mikrobereich

Für die Bearbeitung der filigranen Dehnschrauben bei Dentaurum kommen spezialisierte Mikrobohrer mit einem Durchmesser von lediglich 1,5 mm zum Einsatz. Diese Werkzeuge müssen kleinste Bohrungen präzise und wiederholgenau in die Bauteile einbringen – eine anspruchsvolle Aufgabe, insbesondere im Hinblick auf die eingesetzten Materialien.

Die Schrauben bestehen aus einem hochfesten, rostfreien Edelstahl, der aufgrund seines niedrigen Schwefelanteils schwer zu zerspanen ist. Der Werkstoff neigt bei unzureichend scharfen Schneidkanten zur Gratbildung, was nicht nur die Produktqualität beeinträchtigt, sondern auch zu erhöhtem Nacharbeitsaufwand und Ausschuss führen kann. Besonders in der Serienfertigung wirken sich solche Qualitätsabweichungen negativ auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit aus.

Werkzeugoptimierung für konstante Qualität in der Serienfertigung

Die bislang bei Dentaurum eingesetzten Bohrer erzielten eine durchschnittliche Standzeit von 6000 Bohrungen pro Werkzeug. Aufgrund des großen Fertigungsvolumens bedeutete dies einen regelmäßigen Werkzeugwechsel, um die steigenden Anforderungen an Oberflächengüte und Toleranzgenauigkeit zuverlässig einhalten zu können.

Vor diesem Hintergrund wurde ein Partner gesucht, der in der Lage ist, ein prozessstabiles Werkzeugkonzept zu realisieren – mit dem Ziel, eine dauerhaft hohe Bearbeitungsqualität bei gleichzeitig geringeren Rüstzeiten und verbesserter Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten. „Selbst wenn man mit einem Werkzeug zufrieden ist, bleibt doch der Drang nach Optimierung“, erklärt Klaus Merkle, Fertigungsleiter bei Dentaurum.

Auf einer Fachmesse kam der Kontakt mit Müller Präzisionswerkzeuge zustande. Steffen Gospodarek, zuständig für technische Beratung und Vertrieb, stellte das Leistungsspektrum des auf VHM-Werkzeuge spezialisierten Unternehmens aus dem rheinland-pfälzischen Sien vor. Müller entwickelt und fertigt Präzisionswerkzeuge zum Bohren, Fräsen, Senken und Reiben, insbesondere für Branchen mit hohen Qualitätsstandards wie der Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt oder dem Automobilbau.

In einem gemeinsamen Entwicklungsprojekt wurde vereinbart, einen neuen Hochleistungs-Stufenbohrer für Edelstahl zu konzipieren – speziell abgestimmt auf die Anforderungen bei der Bearbeitung der Dehnschrauben. Im Fokus standen dabei eine minimierte Gratbildung sowie eine erweiterte Standzeit unter Serienbedingungen.

Maßgeschneiderter Stufenbohrer reduziert Gratbildung

Der von Müller Präzisionswerkzeuge entwickelte Stufenbohrer aus Edelstahl mit einem Durchmesser von 1,5 mm und einem Senkwinkel von 90 Grad wurde gezielt an die Fertigungsanforderungen von Dentaurum angepasst. Die Geometrie basiert auf gezielt optimierten Merkmalen: polierte Spanräume, hochpräzise geschliffene Schneidkanten sowie ein abschließendes Microfinishing nach der Beschichtung sorgen für eine gleichmäßige Oberflächenqualität und stabile Bearbeitungsergebnisse.

Eine spezielle Mikro-Schneidkantenpräparation verleiht dem Werkzeug eine definierte Schärfe, die ein leichtes Eindringen in zähe Werkstoffe ermöglicht und eine exakte Positionsführung gewährleistet. Die Schneidkante bleibt zudem länger frei von Anhaftungen, wodurch eine wirksame Reduktion von Gratbildung an den empfindlichen Bauteilkanten erreicht wird.

Durch die optimierte Werkzeugauslegung konnten sowohl die Prozessstabilität als auch die Schnittdaten verbessert werden. Erste Serienergebnisse zeigen eine Standzeitsteigerung von rund 12 %, wobei das Entwicklungspotenzial noch nicht ausgeschöpft ist. „Je länger ein Bohrer scharf ist und je länger er eine unbeschädigte Schneide hat, desto bessere und reproduzierbarere Teile entstehen“, erklärt Manfred Illich, Leiter der Automatendreherei bei Dentaurum. Besonders bei kleinformatigen Komponenten wie Dehnschrauben sei die Gratbildung eine kritische Einflussgröße für die Qualitätssicherung, denn es sei sehr aufwendig, den Grat nach der Bearbeitung zu entfernen, ohne die Bauteilgeometrie zu beschädigen.

Ein wesentliches Merkmal des neu entwickelten Werkzeugs liegt in der Kombination von Schärfe und Beschichtungseigenschaften: „Früher war es durchaus ein Widerspruch, dass ein Werkzeug beschichtet und gleichzeitig scharf ist“, erläutert Illich. „Die Kunst liegt darin, zu beschichten und trotzdem eine definiert scharfe Schneide zu erhalten. Dies hat Müller Präzisionswerkzeuge erreicht.“

Funktionsbeschichtung und Kantenverrundung steigern Lebensdauer

Für den bei Dentaurum eingesetzten Stufenbohrer aus Edelstahl kommt ein speziell entwickeltes Beschichtungsverfahren von Müller Präzisionswerkzeuge zum Einsatz. Dabei wird das Werkzeug zunächst im geschärften Zustand vorbereitet, bevor eine anwendungsorientierte Funktionsschicht appliziert wird. Die Beschichtung ist gezielt auf das Zerspanungsverhalten hochfester, rostfreier Werkstoffe abgestimmt. Ziel ist es, die Oberflächenhärte und Verschleißfestigkeit zu erhöhen, ohne die Schärfe der Schneide negativ zu beeinflussen – ein zentraler Aspekt für gratfreie Bearbeitungsergebnisse im Mikrobereich.

Zusätzlich wird das Werkzeug einem Prozess zur kontrollierten Schneidkantenverrundung unterzogen. Dieser Schritt glättet Mikroschäden und Ausbrüche, die beim Schleifen der Schneiden entstehen können. Das Ergebnis sind verbesserte Schnittbedingungen, eine höhere Prozessstabilität und die Möglichkeit, höhere Vorschübe und Schnittgeschwindigkeiten zu fahren, ohne Einbußen bei der Bauteilqualität hinnehmen zu müssen.

Ein weiterer Vorteil liegt in der Wiederaufbereitung der Sonderwerkzeuge: Die Bohrer lassen sich bis zu fünfmal nachschleifen, was sowohl die Gesamtlaufzeit als auch die Wirtschaftlichkeit pro Bauteil signifikant verbessert. Für Anwendungen mit hohen Anforderungen an Reproduzierbarkeit und Effizienz – wie bei Dentaurum – stellt dies einen klaren Mehrwert dar.

Künftiges Projekt: Bearbeitung von Titanbauteilen

Die durch die erhöhte Standzeit erreichte Prozesssicherheit bietet Dentaurum klare Vorteile in der Großserienfertigung – sowohl im Hinblick auf Qualitätssicherung als auch auf Wirtschaftlichkeit. Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse zu Beschichtungstechnologie, Schneidgeometrie und Werkzeugverhalten lassen sich darüber hinaus auch auf andere Einsatzbereiche in der Medizintechnik übertragen.

Die Zusammenarbeit mit Müller Präzisionswerkzeuge wird daher fortgesetzt: Weitere Varianten des entwickelten Stufenbohrers aus Edelstahl werden aktuell in der Praxis erprobt – unter anderem mit alternativen Beschichtungen, um das Verhalten in verschiedenen Werkstoffgruppen gezielt zu optimieren. „Einen Partner zu finden, der unseren Anspruch an Qualität trifft und den Weg der ständigen Optimierung mitgeht, ist heute nicht einfach. Mit Müller Präzisionswerkzeuge haben wir nicht nur einen solchen Partner gefunden, wir profitieren auch von kurzen Reaktionszeiten und können unsere Anliegen stets im direkten Gespräch lösen“, erklärt Klaus Merkle, Fertigungsleiter bei Dentaurum.

In einem nächsten Schritt plant Dentaurum den erweiterten Einsatz der Werkzeugsysteme auch für die Bearbeitung von Titanbauteilen – ein weiterer Werkstoff, der besonders in der Dentalimplantologie hohe Anforderungen an Zerspanungswerkzeuge stellt.

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Autorenangabe
Mathias Schmidt

Mathias Schmidt ist Geschäftsführer der K.-H. Müller Präzisionswerkzeuge Gmbh in Sien.